Unterstützung in einer verzweifelten Situation
Die Stadtversammlung der Frankfurter Katholikinnen und Katholiken unterstützt die Kampagne „Kein Weihnachten in Moria“. Ziel der von pax christi Rhein-Main initiierten Aktion ist es, auf die verzweifelte Situation von Menschen in überfüllten Flüchtlingslagern aufmerksam zu machen und die Politik zum Handeln zu bewegen.
In einem Brief an die Frankfurter Bundestagsabgeordneten Bettina Margarethe Wiesmann (CDU), Prof. Dr. Matthias Zimmer (CDU), Ulli Nissen (SPD), Omid Nouripour (Grüne) und Dr. Achim Kessler (Die Linke) fordert die Vorsitzende der Stadtversammlung Marianne Brandt sie dazu auf, aktiv für die sofortige Aufnahme von Geflüchteten von den Inseln der griechischen Ägäis, insbesondere der Insel Lesbos, einzutreten.
„Die Lebensverhältnisse und die gesundheitliche Versorgung der Geflüchteten auf den griechischen Ägäis-Inseln sind katastrophal und unmenschlich. Sie sind eine Schande für Europa. Sie gefährden nicht nur das Leben der Geflüchteten, sie beschädigen auch die humanistischen Grundlagen der Europäischen Union und jeder einzelnen Europäerin und jedes Europäers“, heißt es in dem Brief. Die verheerenden Brände im Flüchtlingslager Moria seien eine Katastrophe mit Ansage gewesen und machten es notwendig, umgehend politisch zu handeln.
„Wir bitten Sie eindringlich, mit einem interfraktionellen oder fraktionsübergreifenden Antrag des Deutschen Bundestages die Bundesregierung aufzufordern, aus dringenden humanitären Gründen alle Menschen aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Ägäis-Inseln so schnell wie möglich in Deutschland aufzunehmen“, so die Forderung an die Bundestagsabgeordneten.
Falls Frankfurter Katholikinnen und Katholiken sich der Forderung anschließen wollen, können sie auch selbst aktiv werden und die genannten Bundestagsabgeordneten anschreiben. Umfangreiches Material und Informationen sowie die Adressen gibt es auf der Seite der Kampagne: https://kein-weihnachten-in-moria.de.
Die vollständige Forderung im Wortlaut
Dringender denn je: Aufnahme geflüchteter Menschen von den griechischen Inseln JETZT!
Menschen aus Moria sofort evakuieren
Die verheerenden Brände, die das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos praktisch vollkommen zerstört haben, waren eine Katastrophe mit Ansage. Schutzsuchende Menschen leben in Moria teilweise seit Jahren unter menschenunwürdigen Bedingungen in einem völlig überfüllten Camp, ohne richtige Gesundheitsversorgung und ohne jegliche Perspektive. Die ersten Corona-Infektionen in Moria haben die Lage weiter verschlimmert. An Infektionsschutz war bereits zuvor in dem abgeriegelten Lager mit einer Wasserstelle für 1.300 Menschen nicht zu denken. Unter den aktuellen Bedingungen sind Hygienemaßnahmen völlig unmöglich. Diese menschenunwürdige Situation in den Lagern auf europäischem Boden sind eine Schande für die Europäische Gemeinschaft.
13.000 Menschen haben jetzt auf Lesbos überhaupt keine Unterkunft mehr und fürchten darüber hinaus die Infektion mit dem Coronavirus. Sie müssen sofort nach Deutschland ausgeflogen werden. Etliche Kommunen und einzelne Bundesländer haben sich schon lange zur Aufnahme bereit erklärt. Die Aufnahmekapazitäten sind da, denn 2015 wurden Kapazitäten geschaffen, die jetzt ungenutzt sind. Auch die Rechtslage ist eindeutig: Sowohl das Selbsteintrittsrecht nach Dublin-III-Verordnung Art. 17 als auch die humanitäre Aufnahme nach § 23, Abs. 1 und 2 Aufenthaltsgesetz bieten die Möglichkeit, innerhalb der EU freiwillig Geflüchtete aufzunehmen.
Moria ist seit Jahren Sinnbild einer verfehlten und gescheiterten EU-Migrations- und Asylpolitik. Jetzt gilt es zunächst den Geflüchteten in ihrer Not zu helfen und die Menschen aufzunehmen. Deutschland und die europäischen Mitgliedsstaaten sind hier in der Verantwortung, da sie durch das »Hotspot«-System diese unhaltbaren Zustände erst geschaffen haben.
Schnelle humanitäre Lösungen für alle »Hotspots« auf den griechischen Inseln nötig
Moria steht aktuell im öffentlichen Fokus, doch die Zustände in den Lagern auf den anderen griechischen Ägäis-Inseln sind ebenfalls nicht hinnehmbar. Deshalb muss auch für die Flüchtlingslager auf den Inseln Samos, Chios, Kos und Leros schnell eine humanitäre Lösung gefunden werden. In dem auf 650 Menschen ausgerichteten Camp auf Samos leben aktuell 5.500 Geflüchtete. Schimmeliges Essen und langes Warten an der Wasserausgabe stehen an der Tagesordnung. Im Flüchtlingslager Vial auf Chios sieht es ähnlich aus.
Bundeskanzlerin und Bundesinnenminister drängen zurecht auf eine gemeinsame europäische Herangehensweise. Doch diese politische Debatte darf nicht auf dem Rücken schutzsuchender Menschen ausgetragen werden. Geflüchtete Menschen – ob Familien oder Alleinreisende – haben ein Recht auf Schutz und ein Leben in Würde. Die Aufnahme von 400 unbegleiteten Kindern und ihrer Familien ist angesichts der dramatischen Situation auf den griechischen Inseln nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Papst Franziskus wies bereits 2016 auf die besondere Verantwortung der EU hin: »Europa ist die Heimat der Menschenrechte und wer auch immer seinen Fuß auf europäischen Boden setzt, müsste das spüren können«. Auch der Vorsitzende der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich sagt: Wenn wir die schreckliche Lage der Migrantinnen und Migranten nicht ändern, »dann wird das Reden über die christlichen Wurzeln Europas zur Lüge«.
Für uns als Christinnen und Christen ist klar: Unabhängig von parteipolitischen Auseinandersetzungen ist eine Aufnahme der Menschen aus überfüllten Flüchtlingslagern jetzt dringend geboten. Wir können nicht weiter zuschauen, wie die EU auf Kosten menschlicher Schicksale Politik betreibt. Zu lange haben wir auf ein Handeln der EU gewartet. Wenn nicht jetzt etwas geschieht, werden viele Menschen den nächsten Winter und die Corona-Pandemie in den griechischen Flüchtlingslagern nicht überleben.
Damit die Menschen kein weiteres Weihnachten in Moria erleben müssen, muss die Bundesregierung jetzt endlich handeln!